"Jahrtausende hindurch ist der Mensch das geblieben, was er für Aristoteles war: ein lebendes Tier, das auch einer politischen Existenz fähig ist. Der moderne Mensch ist ein Tier, in dessen Politik sein Leben als Lebewesen auf dem Spiel steht." (M. Foucault)
Im fünften Kapitel seiner Geschichte der Sexualität, Vol. 1 führt Foucault den Begriff der Biomacht ein, der sich u.a. für die politische Philosophie als fruchtbar erweist. Um was genau geht es hier?
Laut Foucault markiert das Aufkommen der Biomacht in der westlichen Politik seit dem 18ten Jahrhundert eine neue Form der Macht, die der bis dato vorherrschenden "klassischen" Form der Macht diametral entgegengesetzt ist. Schauen wir uns zunächst einmal diese an.
Die "klassische" Macht ist die Macht des Souverän über Leben und Tod. Diese Form der Macht ist eine fundamental asymmetrische: Der Souverän kann sein Recht auf Leben und Tod nur darüber verwirklichen, dass er sein Recht zu Töten nicht verwirklicht. Er hat das Recht über das Leben seiner Untertanen nur dadurch, dass er darauf verzichtet sie umzubringen. Der Souverän lässt (am) Leben, er schöpft es quasi ab, er hat ein Zugriffsrecht auf das Leben.
Ganz anders die Biomacht. Hier lässt der Souverän nicht (am) Leben, sondern produziert es aktiv, indem er es nicht mehr wie zuvor unterdrückt, sondern es ordnet und intensiviert. Wie funktioniert das ganze?
Die Biomacht hat hier zwei Operationsweisen. Zum einen die Disziplinarmacht. Diese setzt am individuellen Körper an und maximiert dessen Kraft, seine Produktivität und seine Fähigkeiten durch "Dressur". "Steh gerade! Iss dein Gemüse!" Die zweite Operationsweise ist die Biopolitik, welche die dem Bevölkerungskörper unterliegenden biologischen Prozesse (Geburts- und Sterberaten, Gesundheit der Bevölkerung) durch verschiedenste Maßnahmen zu regulieren versucht. Mehr und mehr Wissen über das Leben der Bevölkerung wird angehäuft um dieser Aufgabe gerecht zu werden. Angesammeltes Wissen wird zu einem regulativen Machtinstrument.
Abweichendes Verhalten wird mit Hilfe neuer Wissenschaften
pathologisiert und korrigiert. Der praktische Effekt ist eine zunehmende Normierung und Normalisierung der Gesellschaft.
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